Mit Trettmann durch grauen Beton.

von Fabian Blume (Kommentare: 0)

Wo sind die Seelenfänger?

Im Kopf steht bei vielen Menschen noch immer eine Mauer zwischen Ost- und Westdeutschland. Ob nun durch hohe Prozentzahlen der AfD oder andere Faktoren, die über die letzten Jahre immer wieder ein Gefühl von „die gegen uns“ entstehen ließen, unsere Generation ist noch nicht angekommen. Habe ich oftmals noch immer das Gefühl.

Das Wort Integration taucht ständig in Talkshows auf, doch sind eigentlich die Ostdeutschen integriert? Vor 1989 wurde eine kulturelle Identität vom Staat vorgegeben. Das Buch „Als wir träumten“ von Clemens Meyer kam mir bei Trettmanns „Grauer Beton“ wieder in den Sinn. Tolles Buch, fand mich super oft wieder. DDR Wendekinder. Es war geregelt, ein anderes Schul- und Wertesystem. „Du darfst in der Schule aber nicht erzählen, dass Du Lego geschickt bekommen hast“ - diesen Satz kennen viele von „uns“ so oder so ähnlich von unseren Eltern.

Wir, die Generation der Menschen, die ihre Kindheit in der DDR und die Jugend im „Westen“ verbracht haben teilen von Leipzig bis Ostberlin viele Erfahrungen. Trettmann bringt das wunderbar einfach aber effektiv auf den Punkt. Besonders die erste Hälfte der 90er Jahre, ganz explizit 1990 war für uns etwas, was viele Menschen nicht nachvollziehen können, die nicht aus „unserer“ Perspektive erlebt haben, was wir erlebten. Eben noch war klar, dass wir bald das rote Thälmann-Halstuch gegen die FDJ Uniform eintauschen, wir bis zur 10. Klasse dieselben Lehrer*innen haben und Westschokolade im Intershop kaufen, gegen Forumschecks.

Alte Schule, steile Kurve, immer Gegenwind / Folg' dem Wendekind dort hin, wo Ma noch Hände ringt /
Unbeschwerte Jahre früh zu Ende sind / Dir niemand sagt, dass es 'n gutes Ende nimmt /
In meinem Hauseingang kaum Gutes los / Freunde werden stumpf, werden skrupellos /
Lieber schnell leben, ruhelos / Statt Abstellgleis, kein Zielbahnhof /

Trettmann Foto: °awhodat°

Dann gab es auf einmal Leuchtreklame zum Anfassen. BRAVO in der Übergangszeit völlig überteuert für Ostmark. Endlich Platten kaufen, Public Enemy Originalkassetten! Auf einmal gab es ab der 7.Klasse Gymnasium, Haupt- oder Gesamtschule. In der neuen Schule kamen auf einmal Leute, die von „den Ausländern“ sprachen und „Heil Hitler“ in Hefte kritzelten. Die Technofreaks, die sich auf Pillen wegballerten und uns Hip Hopper, die mit den Punks Bier tranken und kifften.

Verrückte Zeiten, wo wir doch wenige Monate zuvor noch in Uniformen zum Morgenappell vor der Fahne „immer bereit“ gerufen haben. Als Jung- und dann Thälmannpioniere Freundschaft zu unseren sozialistischen Bruderländern schworen und Russisch lernen mussten. Verrückte Zeiten.

Danke Trettmann.

Cheers,

SirQlate

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