Space2groW

von Niki Drakos (Kommentare: 0)

Wir schaffen das - aber wer schafft eigentlich was?

Familienplanung in Deutschland ist theoretisch „frei“ zugänglich. Würde mensch kaum als Thema sehen, wo es irgendwie besonders Handlungsbedarf gibt.

Aber was für die einen mit einem schnellen Gang zur Gynäkologie erledigt ist, ist für andere ein Weg, der mit zahlreichen Hürden und Stolperfallen gespickt ist.

Sprachbarrieren, Erreichbarkeit und die Selbstverständlichkeit, mit der eine gewisse Vorbildung zum Thema vorausgesetzt wird und die Selbstverständlichkeit mit der auch schon eine bestimmte Grundeinstellung zur Thematik vorausgesetzt wird, das alles bewirkt, dass Geflüchtete Frauen*, gerade wenn sie in Unterkünften „untergebracht“ sind – von wohnen kann ja da nicht die Rede sein – enorme Barrieren vorfinden, wenn es um Familienplanung, Schwangerschaftsvor und nachsorge, Verhütung und allgemein Themen der sexuellen Selbstbestimmung geht.

Anab Mohamud, selber 2014 aus Somalia nach Deutschland migriert als Geflüchtete, hat damals ein entsprechendes Angebot vermisst und nach einer Ausbildung zur psychosozialen Beraterin hat sie nun das Projekt „Space2groW“ initiiert und gestartet.

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Sie organisiert und gibt Workshops in Unterkünften und macht auch Einzelberatungen mit Frauen* und Paaren. Ihr Ansatz ist sehr basic und stößt auf große Erleichterung, viel Nachfrage und Neugier. Anab stellt Zugänge her, baut Barrieren ab und findet eine Ebene, die die etablierten Stellen und Institutionen nicht auf dem Schirm haben. Geflüchtete Frauen* begegnen hier nämlich zu oft Herablassung, Ungeduld und mangelndem Einfühlungsvermögen.

Mittlerweile ist „Space2groW“ für den deutschen Integrationspreis nominiert und ist in diesem Contest das einzige Frauen*projekt.

Generell sind die wenigen von Geflüchteten selbst organisierten Projekte innerhalb des Contests auch diejenigen, die weniger Geld „anziehen“, diejenigen Projekte dagegen, die aus einer bereits etablierten Perspektive für Geflüchtete entwickelt wurden, stehen finanziell sehr viel besser da.

„Space2groW“ von und mit Anab Mohamud ist in der Trägerschaft der Frauenkreise, ein Berliner Projekt, das rassismuskritisch und intersektional arbeitet und bündnisorientiert feministische Arbeit macht. Außer meiner Eigenschaft als Vorstandsvorsitzende von Die Urbane. Eine HipHop Partei arbeite ich bei den Frauenkreisen und bin in die Kampagnenarbeit für Space2groW involviert.

"Ich hatte die Idee für die Workshops, um damit Frauen weiter zu bilden und ihnen zu vermitteln, wie sie Verantwortung für sich selbst übernehmen können, und wie sie Kraft entwickeln können, um auf eigenen Beinen zu stehen."

Anab Mohamud Space2groW

Der Begriff „Integration“ ist für viele Menschen mit einer Migrationsgeschichte in Deutschland ein Reizwort geworden, da er impliziert, es sei ein Prozess, den nur sie zu leisten hätten und der irgendwann abgeschlossen sei. Tatsächlich aber erinnert die herkunftsdeutsche Mehrheitsgesellschaft Menschen mit Migrationsgeschichte im Alltag dauernd daran, dass ihre unhinterfragte Zugehörigkeit keine Selbstverständlichkeit ist, sondern wie die berühmte Karotte, die vor der Nase angebunden ist. Unerreichbar!

Integration kann nur von den Communities, von denen sie erwartet wird, angeeignet werden und mit Bedeutung neu besetzt werden. Das passiert teilweise schon, indem Integration nicht als einseitige Bemühung, sondern als „Aufeinander Zugehen“ neu definiert und kommuniziert wird. Es muss ins Bewusstsein dringen, dass Gesellschaft im Fluss ist und bleibt, in den sich praktisch alle Anwesenden immer wieder neu integrieren. Zwangsläufig, denn Zugehörigkeit und Teilhabe sind menschlichste Bedürfnisse.

Umso wichtiger ist es, Arbeit, soziales Engagement, politisches Engagement sichtbar zu machen, das von Migrant*innen, Geflüchteten, Menschen mit Migrationsgeschichten selbst organisiert und geleistet wird. Denn diese Initiativen sind es unter anderem, die alte Vorurteile und stereotype Narrativen aufbrechen.

Ironischerweise ist Anab Mohamud mit ihrem Projekt Space2groW einerseits für den deutschen Integrationspreis nominiert - andererseits kämpft sie mit den einschlägigen deutschen Behörden seit 4 Jahren unverändert um einen geregelten Aufenthaltsstatus. Für unser Verständnis als Die Urbane. Eine HipHop Partei ein symptomatischer Zustand. Deutschland will vorwärts kommen a.k.a. Probleme lösen und und tritt dabei die ganze Zeit auf die Bremse.

In dem Integrationspreis-Contest sind verschiedenste Initiativen. Ich lade Euch ein, Euch da mal umzuschauen und Euch einen Eindruck zu verschaffen, was so unter dem Begriff der Integration zusammengefasst wird.

„Space2groW“ von und mit Anab Mohamud ist ziemlich prekär unterwegs, hat aber viele begeisterte Unterstützer*innen und kann noch mehr gebrauchen, um im Contest „wer hat die meisten Unterstützer*innen“ gut abzuschneiden und dadurch so viel Zuschüsse zu sichern, dass das Fundingziel dennoch erreicht wird.

Und wenn Ihr bei Eurer Durchsicht der Projekte „Space2groW“ supporten möchtet, damit dieses wichtige Angebot weiter ausgebaut werden kann, dann freut sich Anab und mit ihr viele, die von ihrer Arbeit profitieren und deren Lebensqualität dadurch viel selbstbestimmter wird.

Peace

Niki Drakos

[Bundesvorsitzende]

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