Decolonize December: Frantz Fanon

Decolonize December: Kiskeya

Einer seiner Professoren an der Universität von Lyon hat einmal zu ihm gesagt, „Sie werden nicht alt, sie wollen zu viel!“. Eine Prophezeiung, die sich auf tragische Weise bewahrheiten sollte. Im Alter von nur 36 Jahren am 6.12.1961 verstirbt der französische Psychiater, Schriftsteller und Revolutionär Frantz Fanon an Leukämie.

Fanon wird 1925 auf der französisch kolonialisierten Karibikinsel Martinique (eigentlicher Name: Madinina) geboren. Im Jahr 1942 im Alter von nur 17 Jahren beschließt er sich den freien französischen Streitkräften anzuschließen, um in Europa gegen ein Nazi-Deutschland zu kämpfen. Während des Feldzuges muss er jedoch erkennen, dass er als Schwarzer Soldat wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt wird. Dennoch bleibt er nach Ende des 2. Weltkrieges in Europa und studiert in Lyon Medizin und Philosophie. 1950 wird Fanon Leiter der psychiatrischen Abteilung einer Klinik in der französischen Kolonie Algerien. Hier kommt er mit der algerischen Unabhängigkeitsbewegung in Kontakt. Heimlich beginnt er körperlich und seelisch verwundete Freiheitskämpfer:innen zu behandeln. 1956 muss er seinen posten allerdings auf Grund seines antikolonialen Engagements aufgeben. Er geht ins Exil nach Tunesien und unterstütz offen die algerischen Unabhängigkeitsbestrebungen. 1960 wird ihm überraschend Leukämie diagnostiziert. In seinem letzten Lebensjahr verfasst er sein einflussreichstes Werk: Die Verdammten dieser Erde.

Das Buch schlug ein wie ein Bombe und gilt bis heute noch als Zentralwerk postkolonialer Theorie. Es wird teils als sozialpsychologische Analyse des Kolonialismus und teils als politische Kampfschrift und antikoloniales Manifest gelesen. Fanon bringt in diesem Buch den Prozess der Dekolonisation und die Aufgabe der Kolonialisierten Länder radikal auf den Punkt und sagt, „Das Ziel […] muss […] sein, die Probleme zu lösen, die dieses Europa nicht hat lösen können …. Also, meine Kampfgefährten, zahlen wir Europa nicht Tribut, indem wir Staaten, Institutionen und Gesellschaften gründen, die von ihm inspiriert sind. Die Menschheit erwartet etwas anderes von uns als diese fratzenhafte obszöne Nachahmung. […] Für uns selbst und für die Menschheit, Genossen, müssen wir eine neue Haut schaffen, ein neues Denken entwicklen, einen neuen Menschen auf die Beine stellen“. Als Verdammt meint Fanon die unterdrückten Kolonisierten, welche er mit seinem Buch mobilisieren wollte und vor möglichen Fehlentwicklungen, Neokolonialismus und neuen kolonialen Diktaturen warnen.

„Zentral in Fanons Werk ist zudem die Reflexion über die Auswirkungen von Gewalt auf Körper und Geist der Kolonisierten. Die Kolonialisierten erleiden nicht nur körperliche Schäden durch Zwangsarbeit, Gewalt und Folter, sondern auch psychologische Traumata, die durch Mechanismen der kulturellen und ethischen Assimilationsprozesse der Kolonialmächte und den dadurch resultierenden Identitätsverlusts verursacht werden. Denn mit der europäischen Expansion wurde nicht nur Land erobert, sondern systematisch Wertesysteme der ansässigen Bevölkerungen verdrängt und durch westlich [weiße] Normen ersetzt. Das reicht von Sprache, über Bildung bis hin zu kulturellen Praktiken. Deshalb betont Frantz Fanon die Bedeutung der Kultur sowie die Auswirkungen der Gewalt, die von der Unterdrückung der lokalen Sprachen ausgeht.“ (Fèvre 2019)

An dieser Stelle möchten wir betonen, dass es auch diverse feministische Arbeiten innerhalb des Postkolonialismus gibt, welche sich mit Fragen um Unterdrückung und Dominanz, Macht- und Herrschaft im Zusammenhang mit Ungleichheitssystem beschäftigen. Zum Beispiel:
- Audre Lorde: Sister Outsider (1984)
- bell hooks: Ain’t I a Woman (1984)
- Chandra Talpade Mohanty: Feminist Solidarity through Anticapitlaist Struggles (2002)

Abschließen wollen wir mit einem Zitat Fanons: „What matters is not to know the world, but to change it.“

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